










Jeden Abend um 18.50 Uhr verlässt ein Postzug Ihrer Majestät der Königin von England den Bahnhof Glasgow. Zielort ist Euston-Station London, wo der Zug laut Fahrplan um 3.41 Uhr am nächsten Morgen eintrifft. Am Morgen des 8. August 1963 allerdings erreicht der Zug sein Ziel nicht. Fünfzig Kilometer vor London stoppt eine Bande maskierter Männer den Zug und beraubt die Geldwaggons um 2.631.784 Pfund Sterling, etwa 29,5 Millionen Mark.
Der Polizei gelingt es in wochenlanger Arbeit, die meisten der Täter dingfest zu machen. Sie werden angeklagt und - bis auf einen, der mangels ausreichender Beweise freigesprochen werden muss - zu schweren, bis zu dreißigjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Von der Beute jedoch kann nur ein Achtel wieder herbeigeschafft werden. Denn die drei wichtigsten Täter, deren Namen und Person bekannt sind, konnten bisher nicht gefasst werden. Sie organisierten die Befreiung zweier ihrer Komplizen aus dem Zuchthaus.
Diese Ereignisse, die im Hochsommer des Jahres 1963 großes Aufsehen erregten, bilden die Grundlage des dreiteiligen Fernsehfilms, den Henry Kolarz 1966 für den NDR schrieb. Das Stück lehnt sich eng an die Originalvorgänge an, wie sie sich aus den Recherchen der Polizei und dem Prozessverlauf ergaben. Die Regie hatte ursprünglich John Olden. Nach dessen plötzlichem Tod wurde die Inszenierung von Claus Peter Witt zu Ende geführt. Alle Hauptdarsteller sind Deutsche; ihre Rollennamen stimmen nicht mit den Namen der tatsächlichen Täter überein.
1.Teil: Die Gentlemen bereiten den großen Postraub vor. Durch einen kleinen Banküberfall wird das Vorhaben finanziert. generalstabsmäßige Ausarbeitungen aller Einzelheiten werden für den Überfall auf den Zug durchgeführt - nichts wird vergessen.
2. Teil: Der Überfall auf den Geldtransport klappt wie am Schnürchen. Fast 30 Mio. Mark in Pfund sind die Beute. Auf einer alten Farm beginnen die Gentlemen damit, das Geld zu teilen - erste Spannungen entstehen. Die Fahndung der Polizei setzt ein...
3. Teil: Nach dem gelungenen Überfall dauert es nicht lange, bis die ersten der Gentlemen-Bande von der Polizei aufgespürt und gefaßt werden. Die anderen sind auf der Flucht - intelligent und raffiniert gelingt es einigen von ihnen, sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen...Jahre später folgen Prozesse und Verurteilungen.
Die Posträuber - wer sie waren, was aus ihnen wurde:
Ronnie Biggs, Zimmermann aus Redhill in Surrey. 30 Jahre Haft. Er floh 1965 aus dem Gefängnis und lebte bisher in Brasilien. Kam 2001 freiwillig nach England zurück.
Bruce Reynolds, Antiquitätenhändler aus Croydon und "das Gehirn" des Verbrechens. 25 Jahre, davon 10 verbüßt. Bandenchef Reynolds wurde nach der Flucht ins Ausland 1968 verhaftet. 1984 wurde er erneut für drei Jahre wegen Handels mit Haschisch und Amphetaminen verurteilt.
Ronald "Buster" Edwards, Berufsverbrecher. Er floh nach Mexiko, stellte sich aber 1966. Neun Jahre im Gefängnis, anschließend Blumenhändler am Londoner Waterloo-Bahnhof. Angeblich der Mann, der den Lokführer schlug. 1994 erhängt in einer verschlossenen Garage gefunden.
Charlie Wilson, genannt "der Schweiger". Sagte während der Gerichtsverhandlung kein Wort. 30 Jahr Haft, nach vier Monaten geflohen, aber in Kanada verhaftet. Wilson verbüßte zwölf Jahre Haft. Im April 1990 vor seinem Haus in Marbella erschossen.
Roy James, Rennfahrer, genannt "das Wiesel". Verbüßte zwölf von 30 Jahren. James war Fahrer des Fluchtwagens. Hinterließ jenen Fingerabdruck im Flucht-Haus, der die Polizei auf die Spur der Täter brachte. 1993 wegen Schüssen auf den Schwiegervater und Angriffs auf seine Frau zu sechs Jahren verurteilt. Starb 1997 kurz nach seiner Entlassung.
Brian Field, Rechtsanwalt. Kümmerte sich um das Haus, in dem die Bande nach der Tat untertauchte. Verbüßte fünf von 25 Jahren. Starb 1979 bei einem Verkehrsunfall.
Thomas Wisbey, Buchmacher. Zu 30 Jahren verurteilt, aber 1976 freigelassen. 1989 zu zehn Jahren Haft wegen Handels mit Kokain verurteilt.
Robert Welch, Nachtclubbesitzer. Zu 30 Jahren verurteilt, aber 1976 freigelassen. Durch eine mißglückte Beinoperation zum Krüppel geworden.
Gordon Goody, Friseur. Bereits 1975 trotz Verurteilung zu 30 Jahren freigelassen. Eröffnete vier Jahre später eine Strandbar in Südspanien.
James Hussey, Anstreicher. Zu 30 Jahren verurteilt und 1975 freigelassen. 1981 wegen Körperverletzung verurteilt und 1989 zu sieben Jahren wegen Drogenhandels (gemeinsam mit Thomas Wisbey) verurteilt.
Roger Cordrey, Florist. 1964 zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil er das Signal für den Zug auf Rot stellte. Im Berufungsverfahren auf 14 Jahre reduziert. 1971 freigelassen, seither Geschäftsbesitzer in der Provinz.
James White, Ex-Fallschirmjäger und Techniker der Bande. Drei Jahre auf der Flucht, aber 1966 zu 18 Jahren Haft verurteilt. 1975 freigelassen, lebt jetzt in Sussex südwestlich von London.
William Boal, Ingenieur. Starb 1970 während Verbüßung einer Haftstrafe wegen Hehlerei an Gehirntumor. Die ursprüngliche Haftstrafe von 24 Jahren wurde in der Berufung auf 14 Jahre verkürzt.
Leonard Field, Seemann. 1964 zu 25 Jahren Haft verurteilt. Strafe wurde im Berufungsverfahren auf fünf Jahre reduziert, wurde 1967 freigelassen. Letzte bekannter Aufenthaltsort: Tottenham bei London.
John Wheater, Rechtsanwalt. Wurde 1964 zu drei Jahren Gefängnis wegen Behinderung der Justiz verurteilt. 1966 freigelassen, lebt er seither mit seiner Frau in der Nähe Londons.
Die Polizei vermutet, dass noch zwei andere Männer an dem Postraub beteiligt waren - diese wurden jedoch mangels Beweisen niemals verhaftet.
Stand 2001
Horst Tappert | Michael Donegan |
Hans Cossy | Patrick Kinsey |
Günther Neutze | Archibald Arrow |
Karl-Heinz Hess | Geoffrey Black |
Hans Reiser | Tomas Webster |
Rolf Nagel | Gerald Williams |
Wolfgang Weiser | Harold McIntosh |
Harry Engel | George Slowfoot |
Wolfram Schaerf | Andrew Elton |
Guenther Tabor | Ronald Cameron |
Wolfried Lier | Walter Lloyd |
Kurt Conradi | Arthur Finnegan |
Horst Beck | Twinky |
Paul Edwin Roth | Peter Masterson |
Kai Fischer | Inge Masterson |
Siegfried Lowitz | Dennis MacLeod (2 episodes, 1966) |