Inhalt
Die Geschichte der Leipziger Familie Bacher wird vor dem Hintergrund der Umwälzungen in der ehemaligen DDR von 1987 bis zu den Montagsdemonstrationen 1989 erzählt. Die Leipziger Nikolaikirche entwickelte sich damals zum Zentrum des geistigen Widerstands. TV-Verfilmung des Romans von Erich Loest mit namhaften deutschen Darstellern von Frank Beyer, der bereits 1966 mit "Spur der Steine" die innere Situation der DDR bloßstellte.
Bildbewertung:
Es gibt Filme, die einen so beeindrucken, berühren und nahe gehen, dass man sie einfach nie mehr vergisst und die selbst viele Jahre später, nichts an der Kraft in ihrer Aussage und der überwältigenden Genialität verloren haben. Zweifelsohne zählt die mit voller Berechtigung mehrfach höchst geehrte und ausgezeichnete Produktion "Nikolaikirche" mit zu diesen Werken.
Bereits 1995, als "Nikolaikirche" als Zweiteiler seine Premiere im Fernsehen erlebte, beeindruckte und beschäftigte mich dieser durch die Provobis-Film in Zusammenarbeit und Co-Produktion mit dem WDR, MDR, ARTE und dem ORF entstandene Film sehr. Seit ich diesen Film das erste Mal im Fernsehen gesehen hatte, waren Wiederholungen jedes Mal immer wieder ganz dick in meinem Terminkalender vermerkt und der Film vermochte es, mich immer und immer wieder in seinen Bann zu ziehen und zu fesseln. So stand für mich auch unmittelbar mit Bekanntwerden der Veröffentlichungspläne auf DVD durch "ICESTORM Entertainment" fest, dass ich mir diese DVD auf jeden Fall zulegen werde. Auch wenn es auf der mir nun vorliegenden Veröffentlichung leider nur die vom Regisseur Frank Beyer selbst erstellte und geschnittene gekürzte Kinoversion, des eigentlichen mehr als dreißig Minuten längeren TV-Zweiteilers ist, so überwiegt dennoch die Freude, endlich diesen einzigartigen Film auf DVD mein eigen nennen zu können und das noch zuzüglich einiger sehr gelungener Extras.
Grundlage zur Verfilmung "Nikolaikirche" war der gleichnamige Roman von Erich Loest. Deutlich spürbar wird an der erzählten Geschichte von Erich Loest, das dieser Mann genau wusste worüber er schrieb, als er den Roman "Nikolaikirche" zu Papier brachte. Schließlich verbrachte Erich Loest selbst siebeneinhalb Jahre in einem DDR-Gefängnis aufgrund seiner offenen Kritik an der SED-Führung nach der Niederschlagung des Aufstandes vom 17. Juni 1953 in der DDR.
Erich Loest wirkte neben Frank Beyer und Eberhard Görner auch am Entstehen des Drehbuchs mit. Beispielgebend und authentisch anhand der Geschichte der Familienmitglieder der Funktionärsfamilie "Bacher" erzählt, wird die widersprüchliche Zerrissenheit, selbst innerhalb der Familien und das zwiespältige Gesicht der Menschen in der DDR im privaten gegenüber dem öffentlichen, gesellschaftlichen Erscheinungsbild gezeigt.
Durch den plötzlichen Tod des Familienoberhauptes "Albert Bacher" (Günter Naumann) gerät das Leben der einzelnen Familienmitglieder aus dem Gleichgewicht. Die Tochter "Astrid Protter" (Barbara Auer) will und kann die ständigen Widersprüche und Lebenslügen nicht mehr ertragen und fällt in eine tiefe Lebenskrise. Bestätigung und einen neuen Lebensinhalt findet sie, in der sich immer stärker formierenden Friedensbewegung mit zahlreichen Menschen, die ihre Empfindungen und die innere Unruhe, in Bezug auf die Entwicklungen in der DDR teilen. Ihr gegenüber steht ihr linientreuer Bruder "Alexander Bacher" (Ulrich Matthes), der als Hauptmann im Ministerium für Staatssicherheit hin und her gerissen ist, zwischen seiner beruflichen Pflichterfüllung und dem Willen seine eigene Familie vor der Bespitzelung durch das MfS zu beschützen.
Aber schon längst ist die Lawine ins Rollen gekommen, welche das Ende der DDR besiegeln wird. Das jahrzehntelange Leugnen von Konflikten und bestehenden Problemen in der DDR, sowie die ablehnende und ignorante Einstellung der Partei- und Staatsführung der DDR, gegenüber Reformen und neuen Ideen, werden vom eigenen Volk nicht mehr stillschweigend akzeptiert. Immer mehr regt sich der Protest und der Willen der Bürger in der DDR. Sind es anfangs nur wenige, werden es im Laufe der später als "friedliche Revolution" in die Geschichte eingehende Entwicklung immer mehr, bis schließlich aus den Kirchen und deren Entwicklung heraus, Tausende Menschen zu lautstarken und offenen Protesten auf die Strassen des Landes gehen.
Spannend und bewegend schafft es der Regisseur Frank Beyer mit seiner atmosphärisch dicht in Szene gesetzten Dramaturgie über die dramatischen Ereignissen in den letzten Tagen der DDR zu berichten.
Wahrhaft überwältigend und bis hinein in die wirklich kleinste Rolle mehr als nur passend und bestens besetzt, zeigt sich ein hervorragend aufspielendes und agierendes Ensemble an Darstellern. Schwer hier einzelne Charaktere und Rollen gesondert aufzuführen, bildet doch das geschickt miteinander verfügte und in sich greifende der Entwicklung der Geschichte alle Möglichkeiten für jede der Rollen sich in ihrer Einzigartigkeit zu präsentieren und sich dabei in das Ganze einzufügen. Sei es Peter Sodan als MfS-General oder Ulrich Mühe (1952-2007) als Pfarrer Ohlbaum. Sicher war es für viele der Darsteller ein gewisses Plus, die DDR selbst erlebt und gelebt zu haben, was sich deutlich spürbar in der authentischen und überzeugend gespielten Darstellung innerhalb der vorliegenden Verfilmung widerspiegelt und zeigt.
Von der technischen Seite gesehen, kommt das Bild von der DVD in der bildlichen Qualität in etwa in dem von der Sendung im TV bekannten Niveau zur Ansicht. Auch wenn die DVD, was ich sehr bedauere, nur die Kinoversion beinhaltet, hätte ich es durchaus befürwortet, zumindest die Extras auf einer zweiten DVD unterzubringen.
Nicht leugnen lässt sich, dass es sich beim vorliegenden Filmmaterial im Bildformat 4:3 um eine TV-Produktion handelt. Leider machen sich die bei TV-Produktionen des Öfteren zu erkennenden kleineren und größeren Mängel am Bild auch beim Film von dieser DVD-Veröffentlichung bemerkbar. Sind die Farben noch zumeist recht natürlich und stellen zum Teil auch recht treffend das Alltagsgrau der DDR in seiner Tristesse da, so macht sich der recht schwach ausgeprägte Kontrast doch schon recht häufig bemerkbar. Die Einstellungen bei der Schärfe können als gut gewertet werden, zeigen aber auch Schwächen und können leider auch nicht vollends überzeugen. Recht häufig und auch bemerkbar fallen Unruhen und Rauschen im Bild auf. Mechanische Beschädigungen fallen nur minimal auf. Bei einer Gesamtlaufzeit von immerhin ca. 133 Minuten zuzüglich der Extras gelang es, die Bearbeitung für das Medium DVD, mit seiner einhergehenden Kompression, recht schonend durchzuführen, so dass sich keine größeren, erwähnenswert zu erkennenden Mängel während der DVD-Wiedergabe bemerkbar machen.
Das DVD-Menü wurde in seiner Gestaltung passend der Edition "20 Jahre Mauerfall", unter dem veröffentlichenden Label "ICESTORM Entertainment" gestaltet. Das Menü wurde mit Animationen und Soundeffekten unterlegt und ermöglicht den Filmstart sowie das Aufrufen einer Kapitelauswahl. Als Extras findet sich neben einigen Trailern zu weiteren Veröffentlichungen aus dem Hause "ICESTORM Entertainment" auf DVD noch einige Texttafeln mit Daten zu Biografien und Filmografien einiger an der Filmproduktion "Nikolaikirche" Beteiligter. Ein sehr gelungenes Extra ist der eigens für diese DVD-Veröffentlichung durch Clemens Barth erstellte ca. 27 Minuten dauernde Beitrag unter dem Titel "Nikolaikirche - offen für alle", mit einem ausführlichen Interview mit dem Pfarrer i.R. Christian Führer, dem damaligen Initiator der Montagsdemonstrationen.
Tonbewertung:
Der Ton für den Film kommt im Format Dolby Digital 1.0 zu Gehör. Er wirkt recht flach und unauffällig, ohne wirkliche Höhen und Tiefen in sich, was zur Folge hat, dass die Verständlichkeit der Dialoge zum Teil schon eine erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentration auf den zu hörenden Ton erforderlich macht, um alles mitzubekommen. Rauschen oder andere größere erwähnenswerte Mängel fielen mir nicht auf. Außer der deutschen Tonspur, findet sich keine weitere Sprachfassung auf der DVD. Untertitel werden nicht angeboten.
Gesamturteil:
Auch wenn es schade ist mit dieser Veröffentlichung durch "ICESTORM Entertainment" leider nur die gekürzte Kinofassung auf DVD zu erhalten, so überwiegt doch die Freude nun endlich, dieses einmalige so beeindruckende, berührende und nahe gehende filmische Meisterwerk auf DVD in den Händen zu halten. Schön wäre es, würde "ICESTORM Entertainment" nun auch noch den originalen Zwei-Teiler veröffentlichen. Dieser ist in seiner Eindringlichkeit und emotionalen Tiefe noch beeindruckender. Dennoch kann auch die vorliegende Veröffentlichung, bei der ja immerhin der Regisseur Frank Beyer selber, sicher mit Tränen in den Augen, über dreißig Minuten Material für die Kinofassung herausschneiden musste, auch überzeugen.
Autor: Torsten
www.Fernseh-Serien-Auf-DVD.de
Barbara Auer | Astrid Protter |
Ulrich Matthes | Alexander Bacher |
Daniel Minetti | Harald Protter |
Annemone Haase | Marianne Bacher |
Günter Naumann | Albert Bacher |
Ulrich Mühe | Pfarrer Ohlbaum |
Otto Sander | Superintendent |
Peter Sodann | MfS-General |
Ulrich Tukur | Rechtsanwalt Schnuck |
Jutta Wachowiak | Gabriele Heit |
Claudia Messner | Claudia Engelmann |
Rolf Ludwig | Pfarrer Reichenbork |
Alfred Müller | Linus Bornowski |
Niels-Bruno Schmidt | Jörg Franzen |
Julia Braun | Silke Protter |
René Steinke | Martin Vockers |
Hansjürgen Hürrig | Professor Huhnfeldt (as Hans-Juergen Hurrig) |
Wilhelm Killmayer | Composer |
Thomas Plenert | Cinematographer |
Rita Hiller | Editor |
Alfred Hirschmeier | Production Designer |
Thomas Knappe | Production Designer |
Ulrike Stelzig | Custome Designer |
Holger Härtl | unit manager |
Werner Teichmann | unit manager |
Lutz Wittke | Production Manager |
Irene Weigel | Assistant Director |
Wolfgang Piwon | props |
Dietrich Tillak | set builder |
Georg Wüstenberg | props |
Thomas Just | |
Roland Kuchenbuch | |
Wilfried Pucher | Arzt von Albert Bacher |
Gerd Blahuschek | |
Hans-Jörn Weber | |
Rayk Gaida | Stasi-Mann |
Julia Jäger | Freundin von Claudia Engelmann |
Karl Kranzkowski | MfS-Major |
Klaus Mertens | |
Eckhard Bilz | |
Jürgen Reuter | |
Marie-Anne Fliegel | |
Ruth Friemel | |
Eckhart Strehle | (as Eckhardt Strehle) |
Heide Kipp | |
Guenter Kurze | Volkspolizist (as Günter Kurze) |
Hans-Peter Reinicke | (as Hans-Peter Reinecke) |
Jörg Simonides | |
Mario Gericke | |
Tim Lang | |
Irmela Holzapfel | Makeup Artist |
Jürgen Holzapfel | Makeup Artist |
Andreas Mücke-Niesytka | sound |
Holger Rogge | sound recording mixer |