Außergewöhnlichen Vokalwerken ganz unterschiedlicher Epochen ist die vorliegende CD des Kammerchores Stuttgart gewidmet, und der Titel Lux aeterna bezieht sich dabei nicht nur auf das gleichnamige Werk von György Ligety, sondern insgesamt auch auf die Lichthaftigkeit aller hier versammelten Kompositionen.
In besonderer Weise gilt das für Domenico Scarlattis Vertonung der Sequenz "Stabat mater", die durch ihre ungewöhnliche Besetzung von vier Sopranen, jeweils zwei Alten, Tenören und Bässen sowie Basso Continuo einen starken Hang zu heller Oberstimmigkeit hat. Scarlatti folgt dem Text, der Christi Leiden aus der Sicht der Mutter Maria betrachtet und diese gleichzeitig zur Identifikationsfigur eigener Anteilnahme macht, in subtiler Weise. Durchdachte kontrapunktische Strukturen sind die geordnete Basis der immer wieder entstehenden intensiven Klangballungen.
Mit ähnlichen Mitteln, freilich ohne das motorische Element der Barockmusik und in "atonaler" Kompositionsweise, nahm sich György Ligeti 1966 des Lux aeterna an. Der Ausschnitt aus der lateinischen Totenmesse, der das ewige Licht für die Verstorbenen erbittet, erklingt in einem großen Lichtbogen aus Tönen, dessen vielfältige Dissonanzen und Reibungen zu äußerst dichten und fesselnden akustischen Wirkungen führen.
Neben Anne Boyds 1975 entstandener A-cappella-Komposition "As I crossed a bridge of dreams" für drei vierstimmige Chöre, die durch japanische Lyrik des 11.Jahrhunderts inspiriert wurde, ist vor allem auch das abschließende Werk der CD von Interesse: Clytus Gottwald orientierte sich bei seiner rein vokalen Bearbeitung des Liedes "Ich bin der Welt abhanden gekommen" von Gustav Mahler nach eigener Auskunft an Ligetis Satztechnik, bei der die durchdachte Schichtung der Akkorde zu einem besonders obertonreichen Klang führt. Das Ergebnis ist ebenso beeindruckend wie alle anderen Werke dieser CD.
Vollkommen überzeugend ist die musikalische Umsetzung durch Frieder Bernius und seine Sänger; sowohl die solistischen Formationen bei Scarlatti und Ligeti als auch die verstärkte chorische Besetzung der beiden anderen Stücke erfüllen ihre Aufgabe perfekt intonierend, klangschön und ausgewogen. Frieder Bernius hat seine einzigartige Imaginationskraft für den fassettenreichen Einsatz vokaler Mittel schon vielfach unter Beweis gestellt; die vorliegende CD ist ein weiterer großartiger Beleg dafür. --Michael Wersin
Track | Duration |
---|---|
Lux aeterna for 16 voices | 10:32 |
Stabat mater | 3:00 |
Cujus animam gementem | 3:50 |
Quis non posset | 3:06 |
Eja Mater, Fons Amoris | 2:19 |
Sancta mater, istud agas | 2:37 |
Fac me vere tecum flere | 0:53 |
Juxta crucem | 1:51 |
Inflammatus | 2:56 |
Fac ut animae | 2:01 |
Amen | 1:35 |
As I Crossed a Bridge of Dreams | 12:04 |
Ich Bin Der Welt Abhanden Gekommen | 7:29 |