










Mit "Heldenplatz" unternahm Thomas Bernhard 1988, kurz vor seinem Tod, einen letzten Frontalangriff auf seine österreichischen Landsleute. Bernhard, einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegszeit, schrieb das Theaterstück anlässlich des 100. Geburtstags des Wiener Burgtheaters und des 50. Jahrestags von Österreichs "Anschluss" an Nazi-Deutschland. "Heldenplatz" spielt nach dem Selbstmord eines alten jüdischen Professors in Wien. Hausangestellte und Familie blicken auf dessen Verbitterung zurück und ereifern sich dabei in wütenden Schimpftiraden über den Judenhass der Wiener, die Stumpfsinnigkeit der Österreicher, die Verderbtheit der Politik und die Niederträchtigkeit des Menschen im Allgemeinen. Die Witwe des Verstorbenen hört im Wahn noch immer die Volksmassen schreien, die 1938 auf dem Wiener Heldenplatz Adolf Hitler begeistert willkommen hießen. Der wortmächtige Übertreibungskünstler Bernhard verzichtet auf einen klassischen Konflikt und macht den brillant aufbrausenden Text selbst zum eigentlichen dramatischen Zentrum seines Werks. Im Jahr der Premiere löste das Stück einen landesweiten Skandal aus. Die Wucht des Textes ist nach wie vor beeindruckend - heute allerdings lassen sich auch seine komischen Qualitäten genießen.